Ahoi!

In der Tat habe ich nun die erste Nacht auf der Matisse hinter mich gebracht. Alles sehr bequem – nicht so gemütlich und familiär, wie auf dem spanischen Seelenverkäufer, aber das liegt daran, dass die Matisse doch um einiges größer und weiträumiger ist. Die Offiziere sind samt und sonders aus Rumänien und die restliche Crew wie üblich von den Philippinen. Zudem habe ich eine nette französische Mitpassagierin, die Flugangst hat und darum mit dem Schiff von Australien nah Frankreich fährt.

Vielleicht schreib ich von Unterwegs dann doch hier und da mal was und schubse es – Tethering sei Dank – ins Blog. Bilder wird’s dann aber weniger geben, das wird zu teuer.

Und jetzt penne ich weiter. Ich glaube, ich werde die erste Woche hier schlafend verbringen und den Schlaff nur durch gelegentliche Essenspausen unterbrechen…

Gute Nacht!

28.000 PS

Mann, ich bin zu alt und zu fett für solchen Scheiß… Vollkommen alle… Hab’ eben 2l Wasser fast ohne abzusetzen in mich rein gegossen…

Warum?

Ich war im Maschinenraum. Raum? Das ist eine Halle… ca. 15m hoch, wenn man die Kühlaggregate und Klimaanlagen mit einberechnet. Der tiefste Punkt liegt derzeit bei ca. 10m unter der Wasseroberfläche. Es herrschen wohlige 35°C und mehr – in Panama werden es dann leicht mal 45°C und noch mehr – die Luftfeuchtigkeit verdient die Bezeichnung Feuchtigkeit eigentlich nicht mehr, weil gefühlt weit jenseits von 99%, und es riecht angenehm nach allen möglichen Ölen, Lösungsmitteln, Schmierfetten und anderem. Der Lärmpegel liegt bei jenseits von gesund, also locker über 130dB und nach kurzer Zeit ohne Ohrenschutz dürfte das Gehör dann hin sein. Ach ja – unter den Ohrenschützern schwitzt man zwar ganz entzückend, dafür sieht man dann aber zum Ausgleich aus wie Mickey Maus…

Alles in allem ein durchaus gemütlicher Ort!

Einzige Möglichkeit sich dort zu bewegen, sind recht steile Treppen und um ehrlich zu sein: Das einzige, was mich aufrecht gehalten hat, waren die Luftauslässe der Belüftungsanlage, unter denen man mal kurzfristig dezent Abkühlung auf ca. 30°C findet.

Der Grund für diese Umweltbedingungen sind die Hauptmaschine mit 7 Zylindern, 28.000 PS maximal und 25.500 PS im Normalbetrieb, die den Propeller (aka Schiffsschraube), der ca. 7,3t wiegt und einen Durchmesser von ca. 7,5m hat, 95 mal pro Minute um die eigene Achse rotieren lässt. Den braucht man, um das Bötchen mit seinen 196m Länge, einem Tiefgang von 11m, einer Breite von 30m, einer Höhe von ca. 52m über Kiel (die Brücke ist auf ca. 40m über Kiel) und einem Gewicht von  bis zu ca. 26.000 BRT auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 20kn (ca. 36km/h) zu beschleunigen und damit bis zu 2262 Blechkisten zu bewegen.

Zusätzlich braucht man noch 4 Hilfsdiesel, die jeweils 1450 kW elektrische Energie bei 440V und 60Hz erzeugen. Die braucht man für die Energieversorgung der Ruderanlage (2 Hydraulikpumpen, die das gewaltige Ruder mit der Grundfläche einer gemütlichen Studentenbude um jeweils 35° in beide Richtungen drehen), 4 Kompressoren, die Luft mit einem Druck von 30kg/cm² zusammen stauchen, mit der dann die Hauptmaschine und die Hilfsdiesel angelassen werden. Jede Menge Pumpen für alle möglichen Wässer (Abwasser, Frischwasser, Seewasser, Kühlwasser, Ballastwasser) und andere Flüssigkeiten (Kühlmittel, Hydrauliköl, Schweröl), weitere Pumpen für Hydraulikanalagen zum lichten der beiden Anker (je ca. 6,5t) und zum Betrieb der diversen Seilwinden. Schlussendlich muss auch das 1.100 PS starke Bugstrahlruder vermittels Elektromotor angetrieben werden, mit dem man den Kahn quasi auf der Stelle drehen kann. Kommen noch drei Lastkräne dazu, mit denen sich das Schiff im Notfall unabhängig von den jeweiligen Hafenanlagen um seine Ladung kümmern kann. Schlussendlich jede Menge eigenständiger Feuerlöschpumpen, die auch noch mit Batteriebetrieb bei Totalausfall eingesetzt werden können.

Dieser ganze Maschinenpark wird von gerade mal 5 Nasen bedient, von denen ich nicht einen einzigen um seinen Job beneide.

Jungs (selten Mädels), die Ihr irgendwo in den Maschinenräumen dieser Welt unter solchen oder krasseren Bedingungen arbeitet – ich ziehe den nicht vorhandenen Hut vor Eurer Leistung!

Ach übrigens – das hier ist ein verhältnismäßig kleines Schiff mit seinen 2262 TEU – sicher erheblich mehr als die gerade mal 1.200 TEU auf meinen geliebten OPDR-Kähnen. Aber wenn man sich mal solche Monstren wie die Emma Maersk anguckt, dann wird die Matisse eher zum Dingi – die Emma nimmt wohl 13.300 TEU. Aber Lindsay (Agent in Napier) sagte, die CMA CGM bastelt gerade an einem neuen Schiffchen mit 14.000 TEU. Das hat ca. 400m Länge und den Rest kann man ja dann interpolieren…

Uff!

Die ordentlichen Deutschen

Charlotte hat einen deutschen Onkel und damit auch etliche halb deutsche Cousins. Sie sagt, es wäre ein Alptraum gewesen, mit denen mit Lego zu spielen. Alle Steine wären immer penibel sortiert gewesen. Und zwar so, dass es jede Menge kleiner Sortierkästen gab, in denen jeweils höchstens 5 Steine gleichzeitig anzutreffen gewesen wären. Hätte man ein Lego-Haus gebaut, so hätten alle Steine die gleiche Farbe haben müssen, weil das ja sonst gar nicht gegangen wäre. Und wenn ein Lego-Auto keine Rückleuchten gehabt hätte, dann hätte es in der Lego-Garage bleiben müssen, weil es so nicht fahren dürfe.

Was für eine schreckliche Kindheit und der Erbfeind hat es mal wieder zu verantworten! Ob sich das nach dem partiellen Abtritt von Merkozy noch regeln lässt?

Ich frage mich übrigens gerade, ob ich evtl. eine Marktlücke entdeckt habe. Mir kam eben angesichts dieser Geschichte die Idee, dass man Plüschbaguettes herstellen müsste, damit kleine Französinnen nachts was Adäquates zum Kuscheln haben… Ich meine, für den professionellen Hypochonder gibt es ja diese entzückenden Bazillen und Viren zum Liebhaben und für den überzeugten Vegetarier Teppiche in Form und Aussehen großer Wurstscheiben. Warum also nicht auch Kuschelbaguettes??? Oder schnuckelige Samtteebeutelchen für kleine Engländerinnen? Rustikale Frottee-Goudas, die Heintje-Lieder trällern, wenn man ihnen in den Bauch piekt, für kleine Niederländerinnen? Modische Barbie-Pizzen, denen man unterschiedliche Beläge anziehen kann, für kleine Italienerinnen?

Ich werde mal drüber nachdenken… Wer noch Ideen hat – da unten ist das Kommentarfeld! Gute Nacht!