Kopenhagen aus der Tube

Ob ich damit ins Guiness-Buch komme? Kopenhagenkompakttourisause in vier Stunden! Ich hab mir übers Internet ein 24-Stundenticket für die öffentlichen Verkehrsmittel besorgt. Da schicken sie einem ne SMS aufs Handy und dann hält man den Busfahrern und anderen amtlich Interessierten einfach das Handy vor die Nase und gut. Praktisch!

Also runter vom Schiff, quer durch den Hafen, raus aus dem Hafen, einmal rund um den Hafen, Bus, irgendwo raus – zufälligerweise um die Ecke von Amalienborg.

Gleich mal gucken, ob Margarete diesmal Fenster geputzt hat – als ich 1982 das letzte Mal da war, sah es etwas rumplig aus so repräsentationstechnisch… Naja, die Dänen sind nicht ganz so verspannt wie wir Deutschen. Mit Ausnahme der Bärenfellmützenwachsoldaten vorm Schloss.

Glück gehabt – war gerade Wachablösung. Irgendwie können die einem schon Leid tun. Sie sehen doch nicht wirklich ernstzunehmend aus – wenn man mal von der Bewaffnung absieht, mein lieber Mann… – und dann staken die da rum, stellen sich quasi Nase an Nase gegenüber und brüllen sich an. Man muss militärische Traditionen nicht verstehen, oder?

Dafür dürfen Sie nicht drauf reagieren, dass alle Ihre Linsen auf sie richten – ich auch, klar, bin ja heute Extremtourist…

Weiter – runter zum Wasser und in Richtung Langelinie – wer sitzt da am Ende? Die kleene Süße…

Sie ist ja furchtbar zierlich und zart und klein und sehr umringt – selbst heute noch bei dem Mistwetter. Hauptsächlich Japaner, die sicher nicht wissen, wo sie sind. Gefolgt von kreischend hysterischen Amis, die wissenstechnisch das japanische Schicksal teilen. Zwischendrin Axel, der sich böse guckend als Gelegenheitsfotograf für japanische und amerikanische Touristen verweigert. Sehr entrüstete Amischnepfe… Naja… Ich bin eben nicht sozialkompatibel…

Übrigens ist diese Meerjungfrau wirklich sehr hübsch – kein Wunder, dass sie so berühmt ist… Entzückend!

Weiter mit dem Wasserbus – vorbei an der gewaltig klotzigen Oper. Sehr beeindruckend – und ich denke mal, es passt ohne Weiteres die gesamte dänische Bevölkerung rein. Zumindest die kulturbeflissene… Was bei dem allgemeinen Musikgeschmack des Durchschnittsdänen nicht unbedingt zur Standardausstattung gehört. Sie haben auch ABgründe, diese Dänen – bei aller Liebe… Sagen wir mal so – der MDR hätte hier Musiksendungsmäßig sensationelle Einschaltquoten!

Dann zur königlichen Bibliothek. Mann ist das ein Teil. Ich weiß schon warum mein Herz so an Dänemark hängt. Sie können bauen, die Dänen – und sie können Design – und sie können Innenarchitektur. Es ist unglaublich.

Ich bin dann doch ne halbe Stunde in der Bibliothek hängen geblieben. Außen total eckig, schroff, funktional und innen nicht ein einziger rechter Winkel – warme aber nüchtern organische Formen, oder wie man das beschreiben soll. Und alles aus Beton – Beton kann auch sehr schön aussehen.

Ich war – wie man in der Bildergalerie sieht – sehr beeindruckt.

Danach weiter in Richtung Rathaus. Am Tivoli vorbei. Eigentlich wollte ich noch mit der Ringbuslinie einmal durch die Innenstadt eiern. Aber dann wären die Busse in den Hafen nicht mehr gefahren und Taxi ist so derart teuer, dass ich dann doch nur noch zum Hauptbahnhof gefahren bin.

Der Chief wollte so gerne einen Spiegel und einen Stern haben. Hab ich ihm noch schnell besorgt und als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk in die Hand gedrückt. Ich hab nämlich auch was für den Alten und der Chief ist so nett, dass ich dann schon ein schlechtes Gewissen gehabt hätte, wenn der nix bekommen hätte. So hat sich das Problem auch gelöst.

Dann vorbei an den Zeugen Jehovas – die Spinner sind echt überall! – zum 26er und dann zurück um Hafen, einmal rund um den Hafen, durchs Gate, quer durch den Hafen und erfreulicherweise lag die Vera noch am Kai.

Und jetzt geh ich auf die Brücke – hoffentlich krieg ich da das WLAN zu greifen. Ist hier netterweise umsonst, aber nicht sehr sendestark. Dann geht der Kram noch ins Netz und ich dann inne Koje. Bin etwas alle nach dem Parforce-Ritt – und ich bin sehr froh, dass ich mal wieder in Dänemark war, ein wenig Dänisch sprechen und mich an den mehrheitlich freundlichen Dänen erfreuen konnte. Ich hab Land und Leute nämlich SEHR gerne!

Glædelige Jul!

Home Sweet Home

Das ist ja wirklich langsam wie nach Hause kommen… Gegen 12:00 war ich in Hamburg und habe den Kapitän angerufen und gefragt, ob ich noch ne Suppe bekomme, wenn ich vor 13.00 käme – Jou jou, das geht schon… Fein – als ich ankam, saß er in der Offiziersmesse und begrüßte mich freundlich. Die Suppe begrüßte mich auch und ich begrüßte Suppe und Kapitän und fühle mich nun wirklich wie zu Hause…

Schiff macht glücklich!

Dann ein paar Informationen zur Planung – man denkt automatisch an Chefs Lieblingsprojektleiterweisheit: Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. So ungefähr sieht der Alte auch de aktuelle Planung der Reise… Wahrscheinlich übermorgen Kopenhagen. Oder auch nicht, oder vielleicht später, oder doch Helsinki? Wer wisse das schon. Angeblich Kopenhagen und zurück nach Hamburg – über Bremerhaven. Und dann 5 Tage in Hamburg liegen – das wär ja dann Arschkarte für mich. Aber der Kapitän glaubt das alles nicht. Wir werden mal sehen – Tallinn und Klaipėda auf der zweiten Reise scheinen derzeit sicher zu sein – aber was ist schon sicher? Mein Chef hat eben Recht mit seiner Weisheit – darum ist er ja auch Chef!

Damit schlurfte der Kapitän freundlich grinsend aus der Messe – man hätte in den letzten Nächten irgendwie zu wenig geschlafen und wolle das mal nachholen.

Ich habe dann meine Kammer bezogen – diesmal steuerbord achtern, weil da jetzt der Fernseher funktioniert und niemand am Fenster vorbei geht – backbord achtern hat den Niedergang vorm Fenster. Öfter mal was Neues!

Gemütlich isses wieder!

Die Internetversorgung ist auch gesichert…

… und auch ansonsten ist alles da, damit ich mich mal mit ein paar Sachen beschäftigen kann, die schon lange rumliegen.

Ich habe aber auch noch etliche eBooks, die ich lesen wollte. Und müde bin ich auch nach nur 4 Stunden Schlaf letzte Nacht – ich könnte auch nach dem Abendessen einfach in die Koje kippen und schlafen – wenn wir heute Nacht durch den Kielkanal fahren, wird’s wegen der langsamen Fahrt eh wieder zu laut zum schlafen – also mach ich das so und setz mich dann nachts mit einem  Kaffee auf die Brücke…

Oder so ähnlich… oder anders… was ein Leben! Erholsam!

Also nun die Bilder und den Artikel hochladen und dann Abendessen…

Kommunistenkeule

So schön die Fahrt durchs Eis war – diese Reise wird leider durch zwei Fakten etwas versäuert. Zum einen der wirklich unschöne Zustand der Kammer, der nicht der vorab erhaltenen Beschreibung entspricht. Dies garniert mit der Tatsache, dass die vermittelnde Dame nun absolut nicht mehr auf meine Anfragen, sich hierzu bitte mit dem Reeder auseinanderzusetzen, reagiert. Muss man in diesem Land eigentlich doch immer vor Gericht ziehen? Na, nicht wegen eines verdreckten Teppichs und einem defekten WC-Sitz… Man kann sich den Reeder und die Vermittlungsagentur ja merken und in Zukunft meiden.

Das andere ist mein Mitpassagier – der übrigens gleich vorschlug, ich solle mir einen Anwalt nehmen und mal ordentlich Druck machen. Ein ehemaliger Marinesoldat, der sich erst mal vollmundig als Fregattenkommandant a.D. gerierte. Ich muss mir das mal genauer reinziehen, wie das bei der BW ist – aber ich glaube, der Knabe war nie als Kommandant zur See unterwegs. Er hat irgendeine technische Prüfabteilung geleitet – an Land. Er war gar nicht so sonderlich lange auf See. Ich glaube, dass das einfach die Dienstgradbezeichnung für A14 bei der Marine ist – so wie Verwaltungsoberamtsrat oder Oberregierungsrat oder was weiß ich… Seitdem er 52 ist, ist er zudem eh im vorgezogenen Ruhestand bei vollen Bezügen, weil die BW nach Fall der Mauer durch die NVA-Bestände angeblich einen so großen Personalüberhang hatte, dass allen über 50 ein entsprechendes Angebot unterbreitet wurde. Oh, güldenes Beamtenleben!

(Sorry, wenn da jetzt einige mir bekannte und auch unbekannte sehr fleißige und produktive Beamte gleich mit Opfer einer dezenten Generalklatsche werden, aber da gerät mein Inneres doch schon etwas in Wallung)

Wie dem auch sei – seit unserer Abreise genieße ich nun zu jeder Essenzeit kernig männliche Soldatensprüche: “Ah, Du kriegst deine Eier heute morgen geschüttelt, muhahaha!” – Gemeint war ein frühstückliches Rührei, auf selbiges ich dann auch keine Lust mehr hatte. Und ich darf mir jede Menge Geschichten (“Also damals im U-Boot…”) aus der Marinezeit anhören. Zudem kommen jede Menge wichtigtuerische Kommentare dazu, dass man sich ja doch sehr wundere, wie dieses und jenes hier laufe. Schlicht und ergreifend hat der Mann offensichtlich keine Erfahrung auf Frachtschiffen – und denkt anscheinend, die Marine wäre der absolute Standard… Insbesondere die deutsche (mit kerniger Betonung) Bundesmarine… Naja…

Aber dass die ganzen philipinschen Besatzungsmitglieder hier immer “Mahlzeit” rufen, wenn sie an der Offiziersmesse vorbei kommen, das findet er Klasse! Weiß der Geier, welcher Zeitgenosse denen das beigebracht hat. “Die haben Zuch, die Jungs!”, freut er sich dann und wundert sich gleichzeitig, dass das Ablegemanöver gestern punkt 12 begann – also zur festgesetzten Mittagessenszeit. Auf meine Frage, ob man bei der Marine die Manöver nach den Essenszeiten geplant hätte, bejahte er dies vehement – immerhin müsse ja Ordnung herrschen! Ob den Reeder, den Charterer und die Warensender und -empfänger das interessiert? Und welches Licht wirft das eigentlich auf unsere glorreiche Streitmacht???

Kann sich jemand an “Asterix bei den Briten” erinnern, wo die Römer die Briten besiegt haben, indem sie immer um 17:00 zur Teatime angegriffen haben und die Briten sich deshalb nicht wehren konnten? Nun gut…

Heute hat er  dann wirklich eine Glanzleistung vollbracht. Irgendwie haben die beiden Kadetten eine Lage Bier geschmissen, weil sie mal nach Hause dürfen – er nennt das “Heimaturlaub”… Jaja, die Containerfront… Jedenfalls erzählte er mir dann, damals bei der Marine hätte man zu Bierflaschen “Kommunistenkeule” gesagt. Da mir der tiefgehende Witz und Sinn dieses Bonmots absolut nicht einleuchten wollte, fragte ich, wieso man eine Bierflasche als Kommunistenkeule bezeichnet hätte. Ja, das wäre eben wegen des kalten Krieges so gewesen. Damals. Ich outete mich weiterhin als unverständig und bat um Erläuterung. Da wurde mein kerniger Mitmensch doch erheblich ungehalten und sagte, es wäre ja nachvollziehbar und typisch, dass ich als Berliner natürlich keinen Sinn für diesen Ost-West-Konflikt hätte und das nicht verstehen könne!

Ich habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass ich vor allem keinen Sinn für reaktionäre Altherrenwitzchen habe. Und schon gar keinen Sinn für pseudomännliches Kameradschaftsgetue mit großem Wert auf kerndeutschen Tugenden. Ich habe auch nicht darauf hingewiesen, dass die Hälfte meiner Familie in der DDR lebte, die Mauer eigentlich jeden Tag gut sichtbar war und im Übrigen alle bis auf zwei Offiziere an Bord Russen sind. Nicht, dass die nun notwendigerweise Kommunisten oder böse sind – aber ich frage mich, ob er da nicht permanent Angst hat?

Naja – er hat ja nun zwei Kommunistenkeulen, die er aber aus gesundheitlichen Gründen nicht austrinken darf, der kernige Fregattenkommandant a.D. Ach ja – der Herr ist übrigens gebürtiger (West-)Berliner…

Soweit das, jetzt hab ich  ich wieder abgeregt – nun ertrage ich stoisch bis Hamburg, dass man auch solch ewig Gestrige irgendwie aushalten muss. Schwierige Übung…

Raahe, Tornio, Kemi und so

Die eigentliche Eisfahrt begann nach Oulu. Es ging über Raahe und Tornio nach Kemi. Dies mit einigen Umwegen, Fehlversuchen und letztendlich dann nur noch mit Unterstützung durch einen der finnischen Eisbrecher Kontio und Otso.

Man bleibt stecken, fährt zurück, nimmt Anlauf und versucht es an anderer Stelle nochmal. Die MS Jork hat eine kleine Eisklasse- sie kommt durch bis zu 50cm dickes Eis alleine durch. Aber irgendwann ist dann eben mal Schluss.

Irgendwie war es auch witzig – wie im Slapstick-Film. Wir wurden immer langsamer und irgendwann standen wir dann und es machte noch einmal “Knirsch!”, so als ob das Schiff recht genervt seufzt und aufgibt – und dann war Ruhe. Langsam ging es dann wieder zurück.

Guckt man sich das GPS-Log an, dann sieht man, dass da nicht viel mit gradlinigem Kurs war – zudem man auch noch irgendwie um die Schären herum muss, die sich alle unter dem Eis verstecken.

GPS

Dann kam das Anlegemanöver in Kemi – bei sehr starkem Südwind, der das Eis mit großer Kraft in den Hafen drückte. So, dass es fast nicht möglich war, irgendwie an den Kai zu kommen. Es folgte ein Manöver, bei dem der Kapitän und der Lotse versuchten, das Eis zwischen Schiff und Kai weg zu bekommen.

Zunächst fuhren sie immer wieder hin und her, um die großen Eisplatten etwas zu verkleinern. Dann wurde das Schiff achtern fest gemacht und leicht nach au0ßen gedreht, so dass es ungefähr in 20° zum Kai lag. Daraufhin wurde mit Fingerspitzengefühl sowie vor allem dem Bug- und Heckstrahlruder das Eis weggespült. Nach zwei Stunden war das Werk vollbracht und wir lagen am Kai.

AM nächsten Tag ging es denn im Nebel auf den Weg nach Hause. Dies gelang dann erneut wieder nur mit der Hilfe der Otso, da der Wind über Nacht das Eis immer weiter in den botnischen Meerbusen gedrückt und damit komprimiert hat.

Dann irgendwann war die Eisgrenze erreicht – ein letzter Blick auf die OTSO und die Eisfahrt war vorbei.

Das war eine schöne Fahrt und nun nehme ich zwangsweise aber unvermeidlich wieder Kurs auf den öffentlichen Dienst in Berlin.

Eis!

1625 hours

Gerumpel und Vibration – kann ja nur bedeuten, dass wir den Kurs schnell ändern oder Fahrt weg oder auf nehmen. Bumm, bumm, bumm… Wer klopft da?

Raus aus der Koje – Breaking Bad kann warten!

Eis!

Und alle (zwei) Passagiere sofort auf der Brücke und aufgeregt – Hühnerhaufen… Der 2. Offizier grinst sich einen und kocht Kaffee. Ich soll mal das Eis gucken und mich freuen, sagt er…

Wie hübsch. Ein Glück habe ich so viel abgenommen – so schnell habe ich meinen Kram noch schon lange nicht mehr zusammen gerafft und bin los gerannt. Und so schnell bin ich auch schon lange keine steile Treppe mehr hoch.

Diese Farben! Ganz glatte See, stahlblau, hellblauer Himmel und dann das Eis – eher schon recht schmutzig. Klar, achteraus sowieso, nachdem wir da durch gepflügt sind. Aus der Ferne noch schneeweiß.

Bilder auf der Brücke – dann ganz runter aufs Poop-Deck und noch mehr Bilder. Und eigentlich wollte ich noch zum Bug, um zu sehen, wie wir die Eisschollen wegschieben – daher das Bummbumm – aber da war es schon vorbei.

Und eine halbe Stunde später ging es dann richtig los. Also bin ich wieder runter gerannt. Und dann nach vorne zum Bug. Unglaublich, wie das Schiff quasi auf dem Eis tanzte. Ein Gerumpel und Gedröhne, Gerüttel und Geschüttel. Krachen und klirren. Abgelöst von leisem Rauschen und einem Klimpern, wie diese Windspiele aus den 80ern.

Dann wieder gewaltige Schläge vor den Bug – im wahrsten Sinne des Wortes! – welch eine unglaubliches Kräftemessen zwischen Technik und Natur. Keine Frage, wer hier am Ende gewinnt. Und das war erst relativ dünnes Resteis! Trotzdem hats mir wirklich die Tränen in die Augen getrieben und ich habe a Bug gegen das Getöse angebrüllt – so etwas Schönes habe ich seit Neuseeland nicht mehr gesehen!

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Später dann sah man am Heck, dass sich die Fahrrinne hinter dem Schiff sofort wieder schloss.

Und dann wartete in der Ferne die Kontio auf uns – einer der beiden finnischen Eisbrecher, die zusammen mit zwei schwedischen Eisbrechern hier oben den Verkehr am laufen halten.

Neben der Kontio ein winziges Lotstenboot. Der Lotse ist sehr finnisch – und sehr cool! Er berichtet dem Kapitän von der aktuellen Eissituation – der Südwind drückt weiter das ganze Resteis in den Norden und dort wird es derzeit wieder kompakter und damit haben die Eisbrecher offenbar noch richtig was zu tun.

Aber die Jungs auf den Dingern sind auch cool. Extrem Cool – Finnen halt. Ich habe mal eine Reportage über die Kontio gesehen – der Kapitän da wirkte so, als ob ihn nichts wirklich aus der Ruhe bringen könnte. Naja… Die Finnen… Sauna, Wodka, Tango, Leningrad Cowboys und Aki Kaurismäki – wunderbar!

Jetzt fährt uns der Lotse nach Oulu– mit eingeschalteten Suchscheinwerfern – gespenstisch und vollkommen unwirklich!

Nordostseekanal

So – das Klo ist repariert, der Kapitän ist zurückhaltend aber sehr freundlich und ich habe den Tag mit dem Nordostseekanal verbracht.

Und ich habe die ganzen Pflanzen auf der Brücke bewundert. Ich habe noch nie so viele Pflanzen gesehen auf einer Schiffsbrücke – der Kapitän zeigte mir zwei und sagte, die seien neu – er hätte sie bei der letzten Reise in Finnland gekauft. Netter Kapitän, zumal ich ja im Büro und zuhause auch alles gnadenlos zu pflanze…

Dies alles bei einem Wetterchen, wie es besser kaum hätte sein können – und vor allem mal tagsüber. Es gab viel zu sehen. Z.B. reichlich alte Stahlbrücken.

Dann bin ich zum Bug. Ich glaube, ich erzähle immer wieder wie toll der Bug ist – es ist eben der ruhigste und friedlichste Ort an Bord. Es herrscht dort eine unglaubliche Ruhe und nur das Wasser rauscht über den Wulst. Ich habe die Geräusche aufgenommen – mal sehen, ob ich die hier ins Blog rein bekomme…

Ich habe den Jungs beim Schiff anpinseln zugeguckt, ich habe mit ihnen gequatscht und bin weiter gezogen.

Zwischendurch ein wenig essen und ne Thermoskanne beim Cookie organisiert – nun habe ich auch immer Kaffee, verdammte Sucht…

Dann bin ich wieder auf die Brücke und habe bei Rendsburg die alte Eisenbahnbrücke und die genau so alte Schwebefähre bewundert.

Dann sind wir noch unter der A7 durchgefahren – laut Gutachten hält diese Brücke auch nicht mehr lange – sie ist aber auf jeden Fall gut für kitschige Sonnenuntergangsbilder!

Dann sind wir weiter und nun sind wir gleich in Kiel – nachts sieht der Nordostseekanal auch klasse aus!

Und ich bin jetzt total alle vom ereignisreichen Tag und der frischen Luft! Ich stelle noch alle Bilder ins Netz und dann falle ich in meine Schraubstockkoje!

Ärgerlich

Das wäre dann doch das erste Mal, dass es nicht so optimal läuft mit dem Schiff. Erster Eindruck von der Kammer: Vollkommen runtergewirtschaftet. OK – es ist ein Arbeitsschiff und vielleicht bin auch zu verwöhnt von den anderen Schiffen. Aber nicht mal damals auf der Baltic Trader – die war schon richtig alt und trotzdem gings noch alles recht gut – sah es so aus…

Vollkommen verdreckter Teppich, Klodeckel hängt auf halb neun, Badezimmerarmaturen relativ angesypht, Badezimmerschank innen nicht sauber gemacht. Erstaunlich vor allem, weil der Rest des Schiffs eigentlich sehr gepflegt und sauber daher kommt. Und so alt ist die MS Jork mit ihren reichlich 12 Jahren nun auch nicht.

Ich hab mal eben mit meinem Mitpassagier die Kammern verglichen – der hat die Eignerkammer. Die ist natürlich größer und komfortabler. Aber der preisliche Unterschied passt nicht zum Unterschied im Zustand der Kammern. Offenbar war in meiner Kammer vorher ein Mannschaftsgrad und hat das alles vollkommen verkommen lassen.

Zumindest stand in der Beschreibung, die Koje wäre 200×110, was bei meiner Größe nun wirklich gerade noch so geht. Mit einem DIN-A4-Blatt – ich komm mir schon vor, wie so ein typisch deutscher Meckertourist – habe ich mal nachgemessen: Die Koje ist 200×80 – und da könnte ich mich auch unten im Maschinenraum in einen Schraubstock legen…

Also habe ich erst mal die vermittelnde Agentur angeschrieben – Reaktion sparsam. Man danke für den Bericht und wolle erst mal die Meinung von anderen Passagieren einholen, die hier vorher schon mitgefahren sind… Dann wolle man evtl. mit dem Reeder in Kontakt treten.

Ich  habe es mir hier erst mal weitestgehend gemütlich gemacht. Mittlerweile hat auch einer der netten Jungs aus der Maschine das Klo wieder repariert. Ich hab das Bad sauber gemacht und nun werde ich erst mal die Reise genießen und diese kleine Schräglage und entsprechende Reaktionen abwarten.

Eins muss ich auch feststellen: Offiziere (Russen) und Mannschaft (Philipinos) sind auch diesmal sehr freundlich und hilfsbereit. Das ist dann die Hauptsache. Mal sehen, ob der Reeder so fair ist, mir ein wenig Fahrpreis zurück zu erstatten wegen des Zustands der Kammer und der Koje, die kleiner ist, als angegeben…

Mir ist es ja eh schon wieder peinlich, dass ich mich da überhaupt beschwere. Es ist halt ein Arbeitsschiff und kein nerviger Kreuzfahrtdampfer… Vielleicht werde ich auch langsam nur alt und immer schräger… Wer weiss…

Hamburg – Miniatur Wunderland

Mann! 2720 Bilder – an einem Tag! Manchmal glaube ich doch, dass ich nicht mehr alle Nadeln an der Tanne habe. Man stelle sich das mal früher vor mit den normalen Kleinbildfilmen zu 36 Bildern… Das wären jetzt 76 Filme gewesen…

Also, ich hab es mir noch mal richtig gegeben. Nachdem ich mal wieder wegen Inkompatibilitäten zur Kochkunst des philippinischen Kochs die halbe Nacht in verschiedenen Positionen auf dem Klo verbracht habe, bin ich heute um 10:00 noch ein letztes Mal auf die Brücke gewankt. Dort habe ich dem kapitän seinen LTE-Router wieder zum laufen gebracht. Dafür hat er mir einen letzten Kaffee gekocht und ich bin dann von Bord gegangen – sehr unwillig!

Damit der Abschied nicht allzu furchtbar ist, bin ich erst mal ins Miniatur Wunderland gegangen – mal sehen, was sich da in den letzten vier Jahren geändert hat.

Dort habe ich an so einer Spezialführung Hinter den Kulissen teilgenommen. Dies muß man recht wörtlich nehmen, denn man quetscht sich da wirklich auf wenigen Centimetern zwischen Anlage und Rückwand durch die Wartungsgänge… Tja, und wie soll es auch anders sein? Ich bin dann irgendwann doch stecken geblieben ziwschen Anlagenrückseite und einem Pfeiler der Speicherhalle. Toll! Wirklich! Bei den Versuchen weiter zu kommen, haben mir geschätzt 100 und gefühlt mehrere tausend Leute interessiert und sehr belustigt zugeschaut. Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung… Ich muss also noch weiter abnehmen…

Der neue Flughafen von Knuffingen ist schon der Knaller! Und den haben die in gerade mal 4 Jahren oder sowas fertigtellt! Da könnte sich Herr Wowereit ja mal ein Scheibchen abschneiden, gelle?

Aber die Elbphilharmonie haben sie ja auch schon fertig…

Und neben al den wirklich entzückenden Dingen, die Ihr hier angucken könnt, fand ich den hier nun besonders schnuckelig!

Schiffsnetzwerke und Containerbrücken

So – da hatte ich dem Kapitän doch versprochen, dass ich mich mal um das Netzwerk auf dem Schiff kümmere, damit die von der Brücke und vom Maschinenraum wieder auf den Rechner im Ladebüro zugreifen können. Es ist wirklich erstaunlich – die Firmen vertrauen alles der IT an, sparen sie aber gleichzeitig in Grund und Boden – so ein Chaos… ich frage mich, ob IT-Schiffsbetreuung nicht doch noch was wäre, um sich selbständig zu machen… Dann ist man quasi wie ein Agent und geht an Bord, wenn die im Hafen sind und richtet alles, macht die notwendigen Updates und so weiter. Hier darf jeder überall an den Rechnern machen, was er will. Und die Jungs haben alle keine wirklich Basisausbildung… Nicht mal der Chief als Ingenieur… Sicherungslaufwerke? Zentraler Server? Einheitliche Ordner- und Ablagestruktur? Wie? Wäääääääääääs? Sowäshämwänich…

Tja…

Aber ein hübsches Klo gibt es auf der Brücke – das war so einer der letzten Orte, die ich noch nicht fotografiert hatte – nun habe ich!

Der Vormann von der Ladegang am Euro Gate lässt mich nicht auf der Containerbrücke mitfahren. Täte im Leid, sei verboten. Na, dann frag ich eben heute Nachmittag am CTA noch mal… Und wenn da nicht, dann eben am CTT – und wenn da auch nicht, dann Pech. Für morgen habe ich mir noch ein Ticket im Miniatur Wunderland reserviert. Das ist doch ein netter Abschluss einer schönen Reise!

Maschinenraum und mehr

Neun Decks runter und rein in den Kontrollraum. Ich habe ja jetzt schon einige Maschinenräume gesehen – und ich muss sagen, so ein sauberer und aufgeräumter Maschinenraum war da noch nicht bei! Sehr angenehm – Was ich denn mit den Arbeitshandschuhen wolle? Mann! Ich wollte doch den Chief nicht in der Seele treffen! In anderen Maschinenräumen, die ich sah, ist es ölig, dreckig, heiß, ungelüftet – hier kann man quasi von der Maschine essen…

Dann hat mir der Kapitän noch sein Hospital gezeigt. Da gibt es alles, was man so braucht – auch für kleinere und größere Notoperationen. Alles in Tüten mit einer Code-Nummer drauf. Dann kann über Satellitentelefon der ärztliche Beratungsdienst hinzugeschaltet werden, der Inventarlisten mit den gleichen Code-Nummern hat. So können dann im Ernstfall genaue Anweisungen gegeben werden, bis ärztliche Hilfe eintrifft.

Tja – früher gab es einen kräftigen Schluck Rum, dann einen mit dem Holzhammer über die  Birne und das Bein wurde abgesägt – Pech! Hat sich doch einiges geändert…

Und ich ändere jetzt auch was – nämlich meine Lage – ich kippe in die Koje… Um 21:00 soll es nach Hamburg gehen. Da kommen wir dann so gegen 6:00 morgens an – dann heisst es Netzwerk reparieren, damit der Chief Mate wegen der Ladepapiere nicht immer extra aus seinem Cargo Office auf die Brücke rennen muss. Mal sehen, ob ich die Herren glücklich machen kann.

Hinter uns liegt übrigens die Eugen Maersk aus der E-Klasse der Maersk-Schiffe – das ist ein ganz schöner Pott – und trotzdem nicht unhübsch… Aber nun erst mal gute Nacht!

(Mittlerweile ist es 22:15 und wir liegen immer noch hier rum…)