Kommunistenkeule

So schön die Fahrt durchs Eis war – diese Reise wird leider durch zwei Fakten etwas versäuert. Zum einen der wirklich unschöne Zustand der Kammer, der nicht der vorab erhaltenen Beschreibung entspricht. Dies garniert mit der Tatsache, dass die vermittelnde Dame nun absolut nicht mehr auf meine Anfragen, sich hierzu bitte mit dem Reeder auseinanderzusetzen, reagiert. Muss man in diesem Land eigentlich doch immer vor Gericht ziehen? Na, nicht wegen eines verdreckten Teppichs und einem defekten WC-Sitz… Man kann sich den Reeder und die Vermittlungsagentur ja merken und in Zukunft meiden.

Das andere ist mein Mitpassagier – der übrigens gleich vorschlug, ich solle mir einen Anwalt nehmen und mal ordentlich Druck machen. Ein ehemaliger Marinesoldat, der sich erst mal vollmundig als Fregattenkommandant a.D. gerierte. Ich muss mir das mal genauer reinziehen, wie das bei der BW ist – aber ich glaube, der Knabe war nie als Kommandant zur See unterwegs. Er hat irgendeine technische Prüfabteilung geleitet – an Land. Er war gar nicht so sonderlich lange auf See. Ich glaube, dass das einfach die Dienstgradbezeichnung für A14 bei der Marine ist – so wie Verwaltungsoberamtsrat oder Oberregierungsrat oder was weiß ich… Seitdem er 52 ist, ist er zudem eh im vorgezogenen Ruhestand bei vollen Bezügen, weil die BW nach Fall der Mauer durch die NVA-Bestände angeblich einen so großen Personalüberhang hatte, dass allen über 50 ein entsprechendes Angebot unterbreitet wurde. Oh, güldenes Beamtenleben!

(Sorry, wenn da jetzt einige mir bekannte und auch unbekannte sehr fleißige und produktive Beamte gleich mit Opfer einer dezenten Generalklatsche werden, aber da gerät mein Inneres doch schon etwas in Wallung)

Wie dem auch sei – seit unserer Abreise genieße ich nun zu jeder Essenzeit kernig männliche Soldatensprüche: “Ah, Du kriegst deine Eier heute morgen geschüttelt, muhahaha!” – Gemeint war ein frühstückliches Rührei, auf selbiges ich dann auch keine Lust mehr hatte. Und ich darf mir jede Menge Geschichten (“Also damals im U-Boot…”) aus der Marinezeit anhören. Zudem kommen jede Menge wichtigtuerische Kommentare dazu, dass man sich ja doch sehr wundere, wie dieses und jenes hier laufe. Schlicht und ergreifend hat der Mann offensichtlich keine Erfahrung auf Frachtschiffen – und denkt anscheinend, die Marine wäre der absolute Standard… Insbesondere die deutsche (mit kerniger Betonung) Bundesmarine… Naja…

Aber dass die ganzen philipinschen Besatzungsmitglieder hier immer “Mahlzeit” rufen, wenn sie an der Offiziersmesse vorbei kommen, das findet er Klasse! Weiß der Geier, welcher Zeitgenosse denen das beigebracht hat. “Die haben Zuch, die Jungs!”, freut er sich dann und wundert sich gleichzeitig, dass das Ablegemanöver gestern punkt 12 begann – also zur festgesetzten Mittagessenszeit. Auf meine Frage, ob man bei der Marine die Manöver nach den Essenszeiten geplant hätte, bejahte er dies vehement – immerhin müsse ja Ordnung herrschen! Ob den Reeder, den Charterer und die Warensender und -empfänger das interessiert? Und welches Licht wirft das eigentlich auf unsere glorreiche Streitmacht???

Kann sich jemand an “Asterix bei den Briten” erinnern, wo die Römer die Briten besiegt haben, indem sie immer um 17:00 zur Teatime angegriffen haben und die Briten sich deshalb nicht wehren konnten? Nun gut…

Heute hat er  dann wirklich eine Glanzleistung vollbracht. Irgendwie haben die beiden Kadetten eine Lage Bier geschmissen, weil sie mal nach Hause dürfen – er nennt das “Heimaturlaub”… Jaja, die Containerfront… Jedenfalls erzählte er mir dann, damals bei der Marine hätte man zu Bierflaschen “Kommunistenkeule” gesagt. Da mir der tiefgehende Witz und Sinn dieses Bonmots absolut nicht einleuchten wollte, fragte ich, wieso man eine Bierflasche als Kommunistenkeule bezeichnet hätte. Ja, das wäre eben wegen des kalten Krieges so gewesen. Damals. Ich outete mich weiterhin als unverständig und bat um Erläuterung. Da wurde mein kerniger Mitmensch doch erheblich ungehalten und sagte, es wäre ja nachvollziehbar und typisch, dass ich als Berliner natürlich keinen Sinn für diesen Ost-West-Konflikt hätte und das nicht verstehen könne!

Ich habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass ich vor allem keinen Sinn für reaktionäre Altherrenwitzchen habe. Und schon gar keinen Sinn für pseudomännliches Kameradschaftsgetue mit großem Wert auf kerndeutschen Tugenden. Ich habe auch nicht darauf hingewiesen, dass die Hälfte meiner Familie in der DDR lebte, die Mauer eigentlich jeden Tag gut sichtbar war und im Übrigen alle bis auf zwei Offiziere an Bord Russen sind. Nicht, dass die nun notwendigerweise Kommunisten oder böse sind – aber ich frage mich, ob er da nicht permanent Angst hat?

Naja – er hat ja nun zwei Kommunistenkeulen, die er aber aus gesundheitlichen Gründen nicht austrinken darf, der kernige Fregattenkommandant a.D. Ach ja – der Herr ist übrigens gebürtiger (West-)Berliner…

Soweit das, jetzt hab ich  ich wieder abgeregt – nun ertrage ich stoisch bis Hamburg, dass man auch solch ewig Gestrige irgendwie aushalten muss. Schwierige Übung…

Hamburg – Volle Dröhnung Touriprogramm

Weil mir das Wunderland noch nicht reichte und ich Hamburg doch so mag, bin ich zu den Landungsbrücken gefahren und habe meine Auto in der Hafentorgarage abgestellt. Dann habe ich mir eine Tageskarte vom HVV gekauft und bin mit den Elbfähren von den Landungsbrücken zum Museumshafen Övelgönne gefahren. Dort habe ich noch mal der MS Vera Rambow gewinkt, die noch am Burchardkai lag. Auch die MS Charlotta B, mit der ich letztes Jahr in Polen war und die das Schwesterschiff der MS Vera Rambow ist, kurvte da noch rum.

Ich habe dann in Övelgönne eine wirklich phänomenale Tomatensuppe gegessen und dazu – na klar! – einen Pott Kaffee getrunken. Welch eine Wohltat nach dem latent unverdaulichen Zeug auf der Vera Rambow. Das mit dem essen muss ich noch irgendwie besser in den Griff bekommen.

Dann bin ich wieder zurück und habe die neue Bebauung am Elbufer bestaunt. Das ist architektonisch schon sehr reizvoll und spannend – aber ich befürchte, die Anwohner, die da an freie Sicht auf die Elbe gewohnt waren, sind nicht besonders erfreut über die modernen Betonklötze, die man ihnen da vor die Nase gesetzt hat.

Zurück an den Landungsbrücken wurde es zunehmends dunkel und ich woillte immer noch nicht nach Hause. Es ist einfach so schön da…

Also bin ich auch noch dem Ruf eines Anpreisers gefolgt und habe mich an Bord der MS Klein Erna begeben, um noch eine nächtliche Rundfahrt durch Speicherstadt und Containerhafen zu machen.

Eins muss man Hamburg lassen – Berlin wäre soooo gerne eine wirkliche Weltstadt und tönt immer rum und Hamburg ist es einfach und bleibt relativ bescheiden und hanseatisch zurückhaltend. Auch wenn ich Berliner bin – irgendwann ziehe ich hier weg… So viel ist sicher…

Ach ja – natürlich ist die Elbphilharmonie genau so eine Angebernummer wie der blöde Flughafen BER. Aber mal ganz ehrlich – auch wenn das Ding einfach nicht fertig wird – hat Berlin sowas?

Dann bin ich letztendlich recht widerwillig in mein Auto gestiegen, habe mir an meinem Lieblings-McDoof in Wittenburg (irgendwie lande ich da jedes Mal, wenn ich aus Hamburg komme) nen verünftigen Kaffee besorgt und bin zögernd und zaudernd in eben jenes nicht mehr so wirklich geliebte Heimatdorf Berlin gefahren.

Und nun ist die schöne Reise vorbei – aber am 1.4.2014 breche ich wieder auf und fahre mit der MS Jork auf Eisfahrt nach Finnland! Juhu!

MSC

Scheiße – schon wieder so ein MSC-Pott (Mediterranian Shipping Company) havariert vor Kanada. Das ist vielleicht eine Drecksfirma… Gehört einem Belgier und einer Italienerin mit Hauptsitz in der Schweiz. Die sparen alles in Grund und Boden. Glaubt man den Briten, steht MSC für More Scrap Coming – der Rest der nichtitalienischen und nichtbelgischen Welt beharrt auf Mafia Shipping Company.

Die armen Schweine da an Bord…

Nix ist mit Seefahrtsromantik – sehr harte Bandagen und der gleiche Druck auf den Kapitänen wie auf Lastwagenfahrern. Es leben der Liberalismus und die Globalisierung!

Typisch…

Kurzmitteilung

Typisch Herr R… Verpennt und dann alles erstmal wieder aus- und umgepackt…

gepäckAber so lässt sich der schwere Kram besser tragen – blöd, wenn man immer so nen Technikpark mit sich rumschleppt… Ach, wär ich doch ein technisch unbedarfter Luftikus…

Und nun noch einen Kaffee, damit ich den Weg zum Auto finde und dann ab nach Hamburg, die Stadt der unendlich vielen Grautöne…

kaffeeDie MS Vera Rambow ist noch am CTA, wird aber hoffentlich demnächst mal zum Burchardkai verholen, sonst steht Herr R da doof rum…

Blog eingerichtet

Kurzmitteilung

So – dieses Blog ist auch eingerichtet… Ich sollte langsam mal ne Tasche packen, damit ich heute Nacht nicht noch in der Gegend rumrenne und wieder irgendwas nicht finde…
Um 3:00 aufstehen, um 4:00 los, um 8:00 dann hoffentlich am Gate vom Burchardkai und dann um 9:00 spätestens an Bord und dann wird’s entspannend…