Raahe, Tornio, Kemi und so

Die eigentliche Eisfahrt begann nach Oulu. Es ging über Raahe und Tornio nach Kemi. Dies mit einigen Umwegen, Fehlversuchen und letztendlich dann nur noch mit Unterstützung durch einen der finnischen Eisbrecher Kontio und Otso.

Man bleibt stecken, fährt zurück, nimmt Anlauf und versucht es an anderer Stelle nochmal. Die MS Jork hat eine kleine Eisklasse- sie kommt durch bis zu 50cm dickes Eis alleine durch. Aber irgendwann ist dann eben mal Schluss.

Irgendwie war es auch witzig – wie im Slapstick-Film. Wir wurden immer langsamer und irgendwann standen wir dann und es machte noch einmal “Knirsch!”, so als ob das Schiff recht genervt seufzt und aufgibt – und dann war Ruhe. Langsam ging es dann wieder zurück.

Guckt man sich das GPS-Log an, dann sieht man, dass da nicht viel mit gradlinigem Kurs war – zudem man auch noch irgendwie um die Schären herum muss, die sich alle unter dem Eis verstecken.

GPS

Dann kam das Anlegemanöver in Kemi – bei sehr starkem Südwind, der das Eis mit großer Kraft in den Hafen drückte. So, dass es fast nicht möglich war, irgendwie an den Kai zu kommen. Es folgte ein Manöver, bei dem der Kapitän und der Lotse versuchten, das Eis zwischen Schiff und Kai weg zu bekommen.

Zunächst fuhren sie immer wieder hin und her, um die großen Eisplatten etwas zu verkleinern. Dann wurde das Schiff achtern fest gemacht und leicht nach au0ßen gedreht, so dass es ungefähr in 20° zum Kai lag. Daraufhin wurde mit Fingerspitzengefühl sowie vor allem dem Bug- und Heckstrahlruder das Eis weggespült. Nach zwei Stunden war das Werk vollbracht und wir lagen am Kai.

AM nächsten Tag ging es denn im Nebel auf den Weg nach Hause. Dies gelang dann erneut wieder nur mit der Hilfe der Otso, da der Wind über Nacht das Eis immer weiter in den botnischen Meerbusen gedrückt und damit komprimiert hat.

Dann irgendwann war die Eisgrenze erreicht – ein letzter Blick auf die OTSO und die Eisfahrt war vorbei.

Das war eine schöne Fahrt und nun nehme ich zwangsweise aber unvermeidlich wieder Kurs auf den öffentlichen Dienst in Berlin.

Eis!

1625 hours

Gerumpel und Vibration – kann ja nur bedeuten, dass wir den Kurs schnell ändern oder Fahrt weg oder auf nehmen. Bumm, bumm, bumm… Wer klopft da?

Raus aus der Koje – Breaking Bad kann warten!

Eis!

Und alle (zwei) Passagiere sofort auf der Brücke und aufgeregt – Hühnerhaufen… Der 2. Offizier grinst sich einen und kocht Kaffee. Ich soll mal das Eis gucken und mich freuen, sagt er…

Wie hübsch. Ein Glück habe ich so viel abgenommen – so schnell habe ich meinen Kram noch schon lange nicht mehr zusammen gerafft und bin los gerannt. Und so schnell bin ich auch schon lange keine steile Treppe mehr hoch.

Diese Farben! Ganz glatte See, stahlblau, hellblauer Himmel und dann das Eis – eher schon recht schmutzig. Klar, achteraus sowieso, nachdem wir da durch gepflügt sind. Aus der Ferne noch schneeweiß.

Bilder auf der Brücke – dann ganz runter aufs Poop-Deck und noch mehr Bilder. Und eigentlich wollte ich noch zum Bug, um zu sehen, wie wir die Eisschollen wegschieben – daher das Bummbumm – aber da war es schon vorbei.

Und eine halbe Stunde später ging es dann richtig los. Also bin ich wieder runter gerannt. Und dann nach vorne zum Bug. Unglaublich, wie das Schiff quasi auf dem Eis tanzte. Ein Gerumpel und Gedröhne, Gerüttel und Geschüttel. Krachen und klirren. Abgelöst von leisem Rauschen und einem Klimpern, wie diese Windspiele aus den 80ern.

Dann wieder gewaltige Schläge vor den Bug – im wahrsten Sinne des Wortes! – welch eine unglaubliches Kräftemessen zwischen Technik und Natur. Keine Frage, wer hier am Ende gewinnt. Und das war erst relativ dünnes Resteis! Trotzdem hats mir wirklich die Tränen in die Augen getrieben und ich habe a Bug gegen das Getöse angebrüllt – so etwas Schönes habe ich seit Neuseeland nicht mehr gesehen!

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Später dann sah man am Heck, dass sich die Fahrrinne hinter dem Schiff sofort wieder schloss.

Und dann wartete in der Ferne die Kontio auf uns – einer der beiden finnischen Eisbrecher, die zusammen mit zwei schwedischen Eisbrechern hier oben den Verkehr am laufen halten.

Neben der Kontio ein winziges Lotstenboot. Der Lotse ist sehr finnisch – und sehr cool! Er berichtet dem Kapitän von der aktuellen Eissituation – der Südwind drückt weiter das ganze Resteis in den Norden und dort wird es derzeit wieder kompakter und damit haben die Eisbrecher offenbar noch richtig was zu tun.

Aber die Jungs auf den Dingern sind auch cool. Extrem Cool – Finnen halt. Ich habe mal eine Reportage über die Kontio gesehen – der Kapitän da wirkte so, als ob ihn nichts wirklich aus der Ruhe bringen könnte. Naja… Die Finnen… Sauna, Wodka, Tango, Leningrad Cowboys und Aki Kaurismäki – wunderbar!

Jetzt fährt uns der Lotse nach Oulu– mit eingeschalteten Suchscheinwerfern – gespenstisch und vollkommen unwirklich!