Schönes Wetter…

Unter Auslassung des Frühstücks bin ich erst mal auf die Brücke auf meinen Lieblingsplatz um Kaffee zu trinken und zu lesen, was Egon Bahr über Willy Brandt schreibt.

Ach, Sie reisen doch noch mit uns? Der Kapitän ist immer gut für einen Schnack. Ob ich seekrank sei? Nee – also die Geschichte von der OP… Was? Fast 50kg in drei Monaten? Ich glaube, nun hat er Respekt vor mir – ich vor ihm auch. Sehr angenehm, der Alte. Erzählt gute Geschichten und erklärt die ganze Zeit alles Mögliche. Warum Panama u.A. so sehr gut geeignet war für den Bau des Kanals – dort regnet es derart viel (ich kann das nur bestätigen), dass die Schleusen immer genug Wasser haben. Klar, da der Cut und der See von Gatun über dem Meeresspiegel liegen, fließt bei jedem Schleusengang in Miraflores oder Gatun immer Wasser ab – das muss ja irgendwoher wieder aufgefüllt werden. Oder warum ab Wind 4-5 von achtern der Spritverbrauch steigt und das Schiff langsamer wird. Wieder was gelernt.

Konsens zwischen Schiffsführung und Passagier: AIDA ist Mist, Cunard zu teuer und Hurtigruten gerade noch akzeptabel. Costa hat es eh hinter sich… Und? Hier hab ich jeden Tag drei mal Captain’s Dinner, wenn mir danach ist… Also – wer braucht Kreuzfahrten??? Insbesondere die, die morgen alle am 180. Längengrad (Datumsgrenze) liegen, um dann um 00:30 drüber zu fahren und Silvester noch mal zu feiern. Genauso unnütz wie ein Kropf oder Megaperls! Ich glaube, ich bin nicht kompatibel zum Mainstream…

Dann kam der Dritte Offizier, um mit mir die übliche Sicherheitseinweisung zu machen. Netter Kerl und noch so jung… Also, übliches Programm – Sammelpunkt, wo sind die Schwimmwesten und die Überlebensanzüge (bei der Wassertemperatur ist man ohne die Dinger nach 2 Minuten bewusstlos und nach 4 Minuten tot), wo die Feuerlöscher, was bedeuten die Alarme, wo muss man hin bei welchem Alarm (Brücke oder Master Station), Sicherheitsplan, Stickstofflöschanage für die Küche, etc… nd übrigens – der Alte hat seine Leute gut im Griff – der Kahn sieht aus wie frisch poliert – alles sauber und aufgeräumt. Fein – macht nicht nur einen sehr guten Eindruck, sondern man macht sich nicht überall die Klamotten dreckig…

Danach bin ich dann zum Bug…

Ich liebe den Bug – dort ist es immer am ruhigsten. Man hört nur das Meer und die Wellen und den Wind – das ist sooooooooooo schön… Hach!

vielleicht versteht man bei diesen Bildern, warum ich so gerne auf See bin… Man kann hier so unglaublich schön von allem abschalten – sehr empfehlenswert! Mehr davon in den Bildergalerien…

Und nun dröhnt der Alarm – Feuerlöschübung. Nein, ich muss nicht teilnehmen, könne aber gerne zugucken. Naja – draußen ist es mittlerweile dunkel und doch was sehr frisch. Ich geh mal schnell runter in die Messe und organisier mir einen Kaffee. Dann dusche ich ne Runde und dann gibt es eh schon wieder was zu essen. Nächster Versuch! Und gegen 20:00 laufen wir wohl in Riga ein. Tja  nix Landgang. Man rät mir ab, da abends oder nachts an Land zu gehen. Ich dachte, ich könnte mit dem Chief Mate mal Landgang machen. Als Russe kennt der sich hier ja besser aus. Schwachsinnige Idee – der ist für die Laderei verantwortlich. Nicht wirklich die geeignete Situation, um von Bord zu gehen. Gelegentlich auch mal denken, Herr R…

Also sortiere ich Bilder, schreibe Blog und gönne mir ne Tagesauslandsdatenflat und lade den Kram hoch – vielleicht freut sich ja wer drüber… Und weil wir ne Satellitenanlage haben, kann ich mir nebenbei auf NDR noch Berichte über Seefahrt im Friesland des 14. Jahrhunderts angucken. Was will ich mehr? Nichts!

Alles muss raus!

Hühnchenbrust ist mein Feind! Gab es zum Mittag – mit einer Oregano-Thymian-Soße vom Feinsten. Leider sehr trocken, wie so eine Brust eben so ist. Mist!  Also habe ich mir das halbe – eh schon winzige – Mittagsmahl nochmal eingehend durch den Kopf gehen lassen und zielsicher im Klo entsorgt, wo es brav weg gesaugt (Tzaschlörrrp! Pfffft! Vakuumspülung wie im Flugzeug – praktisch bei schwerer See!) wurde. Und Herr R hatte mal wieder keinen Kreislauf mehr und fror. Ich finde diese Empfindlichkeiten meines umgebauten Innnenlebens gelegentlich etwas anstrengend! Also habe ich mich in die Koje geworfen und dem Herrn Morpheus einen fröstelnden Besuch abgestattet. Und immer schön weiter essen üben…

Erstmal auch kein Abendessen… Nachts um 22:00 bin ich dann doch runter in die Messe und habe ein leichtes Stück Weißbrot mit Käse erlegt. Und ein halbes Ministück Weihnachtsstollen – blieb netterweise drin.

Und dann bin ich raus und habe Luft geschnappt und mir ist klar geworden, warum ich das so liebe auf diesen Containerschiffen – abseits der Tatsache, dass ich Schiffe eh liebe..

Das ist offenbar ein uraltes Ding mit Freiheit, unkontrolliert und autonom sein. Wenn ich überlege, was ich als Kind beäugt, überwacht, kommentiert, kritisiert und angewiesen wurde. Das macht man nicht und dies macht man nicht und sei so und benimm Dich und frag, bevor Du dies und jenes tust – man kann wohlmeinende elterliche Fürsorge auch übertreiben… Solange ich hier nicht das Radar abschraube oder das Freifallboot zu Wasser lasse kommentiert hier absolut keiner, was ich mache und tue – bzw. stört es niemanden. Es ist normal.

Schon erstaunlich, wie intensiv und nachhaltig gewisse Erlebungen in einem nachhallen…

Also, liebe amtierende Mütter – bedenkt, dass Eure Kinder schneller erwachsen und eigenständig werden, als Euch das möglicherweise manchmal lieb ist! Die wollen dann raus in ihr eigenes Leben – auch wenn Euch verständlicherweise das Herz blutet!

Alle nett hier…

Kapitän nett (lud mich ein, auf dem Copilotensitz zu sitzen… Und das am ersten Abend – ich fühle mich geehrt), Chief nett (wenn ich mal die Maschine sehen wolle…), Chief Mate nett (da!), Koch nett (…), ich fühle mich wohl.

Und weil ich das verdammte Fotografieren nicht sein lassen kann, habe ich in 2 Stunden 366 Bilder gemacht und dann mal ein paar einige hübsche aussortiert… Ich glaube, ich muss die Bildergalerie mal etwas besser strukturieren.

Hamburg, die Elbe und der Hafen bei Nacht sind aber auch schön…

Also sotiere ich jetzt noch und dann bin ich entweder tot oder erlebe Brunsbüttel noch… Aber wir müssen da wohl vor der Schleuse warten bis Mitternacht… das raff ich nicht mehr… Habe eben noch einen Kaffee getrunken, in dem der Löffel stecken blieb, nachdem man ihn vorher mit einem Vorschlaghammer in das Gebräu rammen musste…

Mein neues Zuhause

Die Reederei Rambow vermietet die Eignerkammer nicht – schade, die ist nämlich sehr schön, wie ich auf der Charlotta B letztes Jahr erfahren durfte. Aber egal – die Passagierkammern sind auch sehr schnuckelig:

Vor allem sind sie aufm B-Deck, da ist es zwar weiter auf die Brücke (F-Deck) aber nicht so weit zur Offiziersmesse (Poop-Deck – tja, das heißt wirklich so und wer englisch kann, wird sich seinen Reim drauf machen und irrt dabei höchstwahrscheinlich…). Und weil es nun an der Zeit ist, gehe ich runter und gucke mal, wie das erste Mittagessen aussieht.

Erbsensuppe – na, mal gucken, was mein kleiner Restmagen dazu sagt… Gleich einen neuen Freund gefunden, weil ich mal irgendwo gelernt habe, wie man sich in der Sprache, die die Philippinos sprechen und deren Namen ich vergessen habe, bedankt – salama! Hat er gegrinst, der Koch, der übrigens erstaunlich jung ist – und wie die Herren Philippinos eigentlich alle auch sehr freundlich. Naja, wer jeden Abend Karaoke singt und Mungobohnensuppe isst, bis der Arzt kommt… Übrigens tatsächlich, bis der Arzt kommt – das Zeug löst durch irgendwelche Inhaltsstoffe gichtähnliche Symptome aus, wie ich auf meiner Weltreise letztes Jahr mitbekam, als sie den Koch in Neuseeland kurz mal ins Krankenhaus bringen mussten, weil er einen dicken Fuß hatte. Von eben jener Suppe – die Jungs sind total verrückt nach dem Zeug. Genau wie nach Karaoke. Abends an der Mannschaftsmesse vorbei zu gehen, erfordert sehr viel Mut oder vollkommene Schwerhörigkeit…

Kaffee hab ich auf der Brücke auch schon gekocht – der Kapitän ist sehr nett und immer für einen Schnack zu haben. Der Chief (Erster Ingenieur) ist eher ruhig und hat seine vietnamesische Frau dabei – die aß dann standesgemäß Erbsensuppe mit einer Extraportion Reis – wohl bekomm’s!

Der Chief Mate (Erster Offizier) ist Russe und sehr freundlich und still. Na, wenigstens krieg ich noch privet!, sto?, spasiva! und karaxo! hin… Grundkommunikation gesichert!  Second Mate und Third Mate (Zweiter und Dritter Offizier) schlafen offenbar gerade – mal sehen, wie die so drauf sind…

Und weil ichs mir jetzt hier mittlerweile so richtig schön eingerichtet habe, kann ich bloggen, das erste Video schneiden, alles hochladen und dann werde ich mich mal ne Runde aufs Ohr hauen.

Gegen 18:00 ist Auslaufen geplant. 21:00 Schleuse Brunsbüttel und wenn’s gut geht, sind wir 8 – 12 Stunden später in Holtenau und dann auf der Ostsee. Mal sehen…

Unterwegs nach Hamburg

So – nachdem ich ja dann doch noch irgendwann losgekommen bin, habe ich erst mal bei McDoof guten Reisekaffee gekauft. Wobei ich feststellen durfte, dass McDoof in Berlin erst um 7:00 aufmacht. Also musste ich bis zum Linumer Bruch ohne Treibstoff auskommen. Da gab’s aber dann den hier:

Dann weiter auf der leeren Autobahn und zwischendurch ging die Sonne auf – wie hübsch!

Kurz vor Hamburg wurde es dann traditionell grau und grauer – ich glaube, an keinem anderen Ort der Welt kann man so derart viele unterschiedliche Grautöne beobachten, wie in Hamburg… Ich bin überzeugt, dieses Buch von E. L. James ist in Wirklichkeit eigentlich keine unsäglich gehypte Schundliteratur, sondern eine heimliche Hommage an diese Stadt…

Irgendwann war ich dann in Hamburg und bin über die Köhlbrandbrücke gefahren, was immer wieder beeindruckend ist, weil das Ding reichlich hoch ist und man das Gefühl hat, abzuheben.

Köhlbrandbrücke und Burchardkai

Dann schon fast Routine – Auto abstellen, beim Pförtner vorsprechen, dummen Schnack anhören (sehr gemütlich, die Jungs: “Wää biss Du? Wo willssu hin? Wääääs? Auf die Hamburch? Hamwa hiää nich – achsou… Vera Rambow – da hassu aba Glück, dassie da iss… Jou jou!”), Shuttle und schon kommt der Wachmatrose und schleift mein Gepäck die Gangway hoch.

Und schau an – die Vera Rambow ist das Schwesterschiff der Charlotta B, mit der ich letzten Winter unterwegs war. Da fühlt man sich doch gleich wie zuhause Smiley

Kann los gehen…

Kurzmitteilung

Auch wenn es ja gewisse gute süddeutsche Freunde nicht wahrhaben wollen – ich habe kein Köfferle! Darum habe ich jetzt meine Reisetasche gepackt.

tasche

Das verdammte Ding wiegt 14,5 kg und ich finde sie sehr schwer. Wenn ich mir nun überlege, dass ich mittlerweile über 45 kg abgenommen habe, was dreimal diese Tasche wäre, dann frage ich mich, wie das überhaupt ging…

Ich esse jetzt noch ein Süppchen (nein, nicht Süpple, su jet jibbet hä nit!) und dann gucke ich kein Filmle, sondern ein Filmchen und dann geh ich ins Bett und stehe hoffentlich um 4:00 wieder auf…

Nacht auch! (Hörte ich in weiter Entfernung gerade ein Guts Nächtle???)

PS: Ach, übrigens Binle – die Steilvorlage ist gegeben… 🙂

Blog eingerichtet

Kurzmitteilung

So – dieses Blog ist auch eingerichtet… Ich sollte langsam mal ne Tasche packen, damit ich heute Nacht nicht noch in der Gegend rumrenne und wieder irgendwas nicht finde…
Um 3:00 aufstehen, um 4:00 los, um 8:00 dann hoffentlich am Gate vom Burchardkai und dann um 9:00 spätestens an Bord und dann wird’s entspannend…