Alles muss raus!

Hühnchenbrust ist mein Feind! Gab es zum Mittag – mit einer Oregano-Thymian-Soße vom Feinsten. Leider sehr trocken, wie so eine Brust eben so ist. Mist!  Also habe ich mir das halbe – eh schon winzige – Mittagsmahl nochmal eingehend durch den Kopf gehen lassen und zielsicher im Klo entsorgt, wo es brav weg gesaugt (Tzaschlörrrp! Pfffft! Vakuumspülung wie im Flugzeug – praktisch bei schwerer See!) wurde. Und Herr R hatte mal wieder keinen Kreislauf mehr und fror. Ich finde diese Empfindlichkeiten meines umgebauten Innnenlebens gelegentlich etwas anstrengend! Also habe ich mich in die Koje geworfen und dem Herrn Morpheus einen fröstelnden Besuch abgestattet. Und immer schön weiter essen üben…

Erstmal auch kein Abendessen… Nachts um 22:00 bin ich dann doch runter in die Messe und habe ein leichtes Stück Weißbrot mit Käse erlegt. Und ein halbes Ministück Weihnachtsstollen – blieb netterweise drin.

Und dann bin ich raus und habe Luft geschnappt und mir ist klar geworden, warum ich das so liebe auf diesen Containerschiffen – abseits der Tatsache, dass ich Schiffe eh liebe..

Das ist offenbar ein uraltes Ding mit Freiheit, unkontrolliert und autonom sein. Wenn ich überlege, was ich als Kind beäugt, überwacht, kommentiert, kritisiert und angewiesen wurde. Das macht man nicht und dies macht man nicht und sei so und benimm Dich und frag, bevor Du dies und jenes tust – man kann wohlmeinende elterliche Fürsorge auch übertreiben… Solange ich hier nicht das Radar abschraube oder das Freifallboot zu Wasser lasse kommentiert hier absolut keiner, was ich mache und tue – bzw. stört es niemanden. Es ist normal.

Schon erstaunlich, wie intensiv und nachhaltig gewisse Erlebungen in einem nachhallen…

Also, liebe amtierende Mütter – bedenkt, dass Eure Kinder schneller erwachsen und eigenständig werden, als Euch das möglicherweise manchmal lieb ist! Die wollen dann raus in ihr eigenes Leben – auch wenn Euch verständlicherweise das Herz blutet!

Alle nett hier…

Kapitän nett (lud mich ein, auf dem Copilotensitz zu sitzen… Und das am ersten Abend – ich fühle mich geehrt), Chief nett (wenn ich mal die Maschine sehen wolle…), Chief Mate nett (da!), Koch nett (…), ich fühle mich wohl.

Und weil ich das verdammte Fotografieren nicht sein lassen kann, habe ich in 2 Stunden 366 Bilder gemacht und dann mal ein paar einige hübsche aussortiert… Ich glaube, ich muss die Bildergalerie mal etwas besser strukturieren.

Hamburg, die Elbe und der Hafen bei Nacht sind aber auch schön…

Also sotiere ich jetzt noch und dann bin ich entweder tot oder erlebe Brunsbüttel noch… Aber wir müssen da wohl vor der Schleuse warten bis Mitternacht… das raff ich nicht mehr… Habe eben noch einen Kaffee getrunken, in dem der Löffel stecken blieb, nachdem man ihn vorher mit einem Vorschlaghammer in das Gebräu rammen musste…

Mein neues Zuhause

Die Reederei Rambow vermietet die Eignerkammer nicht – schade, die ist nämlich sehr schön, wie ich auf der Charlotta B letztes Jahr erfahren durfte. Aber egal – die Passagierkammern sind auch sehr schnuckelig:

Vor allem sind sie aufm B-Deck, da ist es zwar weiter auf die Brücke (F-Deck) aber nicht so weit zur Offiziersmesse (Poop-Deck – tja, das heißt wirklich so und wer englisch kann, wird sich seinen Reim drauf machen und irrt dabei höchstwahrscheinlich…). Und weil es nun an der Zeit ist, gehe ich runter und gucke mal, wie das erste Mittagessen aussieht.

Erbsensuppe – na, mal gucken, was mein kleiner Restmagen dazu sagt… Gleich einen neuen Freund gefunden, weil ich mal irgendwo gelernt habe, wie man sich in der Sprache, die die Philippinos sprechen und deren Namen ich vergessen habe, bedankt – salama! Hat er gegrinst, der Koch, der übrigens erstaunlich jung ist – und wie die Herren Philippinos eigentlich alle auch sehr freundlich. Naja, wer jeden Abend Karaoke singt und Mungobohnensuppe isst, bis der Arzt kommt… Übrigens tatsächlich, bis der Arzt kommt – das Zeug löst durch irgendwelche Inhaltsstoffe gichtähnliche Symptome aus, wie ich auf meiner Weltreise letztes Jahr mitbekam, als sie den Koch in Neuseeland kurz mal ins Krankenhaus bringen mussten, weil er einen dicken Fuß hatte. Von eben jener Suppe – die Jungs sind total verrückt nach dem Zeug. Genau wie nach Karaoke. Abends an der Mannschaftsmesse vorbei zu gehen, erfordert sehr viel Mut oder vollkommene Schwerhörigkeit…

Kaffee hab ich auf der Brücke auch schon gekocht – der Kapitän ist sehr nett und immer für einen Schnack zu haben. Der Chief (Erster Ingenieur) ist eher ruhig und hat seine vietnamesische Frau dabei – die aß dann standesgemäß Erbsensuppe mit einer Extraportion Reis – wohl bekomm’s!

Der Chief Mate (Erster Offizier) ist Russe und sehr freundlich und still. Na, wenigstens krieg ich noch privet!, sto?, spasiva! und karaxo! hin… Grundkommunikation gesichert!  Second Mate und Third Mate (Zweiter und Dritter Offizier) schlafen offenbar gerade – mal sehen, wie die so drauf sind…

Und weil ichs mir jetzt hier mittlerweile so richtig schön eingerichtet habe, kann ich bloggen, das erste Video schneiden, alles hochladen und dann werde ich mich mal ne Runde aufs Ohr hauen.

Gegen 18:00 ist Auslaufen geplant. 21:00 Schleuse Brunsbüttel und wenn’s gut geht, sind wir 8 – 12 Stunden später in Holtenau und dann auf der Ostsee. Mal sehen…