Vor Anker

Mal ganz ehrlich – wer braucht die Tropen? Ich nicht! Ich komme mir vor wie in so einem schlechten Film über irgendeine lateinamerikanische Bananenrepublik, in der ein dicker, britischer Gouverneur sich den Verstand raus schwitzt, vollkommen erloschen unter einem müde quirlenden Ventilator liegt, durch brüchige Holzjalousien von der gleißenden Sonne notdürftig geschützt und sich und sein Leben und seinen Job hasst und den letzten Rest nicht verschwitzten Verstandes mit Rum hinrichtet.

Echt mal – diese fiebrig feuchte Hitze liegt auf einem, wie eine Bleidecke. Die Klimaanlage auf dem Kahn hat schon längst aufgegeben, scheint’s. Fünf Decks weiter unten dreht der Kompressor auf Hochtouren, aber hier oben fällt nur ein laues Lüftchen aus der Ventilationsöffnung über mir. Lediglich die Philippinos fühlen sich wie zu Hause und hopsen breit grinsend an Bord rum. Erster Gedanke: Raus gehen! Ja, toll. Da haut es einen dann erst recht aus dem dampfenden Turnschuh.

Es ist 00:40 Ortszeit und wir liegen vor Anker. Warten darauf, dass der nächste Konvoi reingerufen wird. Letzter Stand der Dinge ist, dass wir ca. um 02:00 die erste von drei Eingangsschleusen erreichen werden. Um uns lauter andere Schiffe mit Festtagsbeleuchtung. Das sieht allerdings sehr hübsch aus. Stativ raus und ablichten!

Für die Mannschaft und die Offiziere wird das heftig. Die Durchfahrt dauert 15 Stunden, dann noch nach Manzanillo und dort gleich Ladung löschen und neue Ladung nehmen. Damit haben die so ca. eine 24-Stundenschicht – mindestens. Und im Maschinenraum sind mittlerweile unerfreuliche 45°C, wie mir der zweite Ingenieur beim essen augenrollend und müden Blickes sagte. Nein – nix Seefahrerromantik. Gar nicht!

Ich halte es hier drinnen nicht mehr aus. Ich geh doch noch mal raus. Draußen geht nun doch ein leichtes Lüftchen. Schlafen kann man eh nicht, weil die Ventilatoren dröhnen wie Geist – müssen sie, sonst wird es da unten noch heißer…